Thesaurierend oder ausschüttend? Diese Frage beschäftigt 9 von 10 Schweizerinnen und Schweizer, die in ETFs anlegen. Die Antwort auf diese Frage zieht eine kleine Recherche nach sich.
Vorab jedoch: Ich investiere seit über einem Jahrzehnt in ETFs und setze seit Jahren konsequent auf thesaurierende Varianten und das aus gutem Grund: Ohne Wiederanlage der Dividenden kommst du nie auf die historischen 7 – 8% pro Jahr, sondern bleibst bei mageren 5 – 6%.
Warum das so ist, erfährst du in diesem Artikel.
Fangen wir ganz von an und beschäftigen uns erstmal mit den Unterschieden der beiden ETFs. Die Differenz liegt vor allem in der Auszahlung der Dividenden:
Bei einem thesaurierenden ETF behält der Fonds die ausgeschütteten Dividenden und reinvestiert diese. Steuerlich gesehen ist es in der Schweiz so, dass du die angefallenen Erträge separat ausweisen musst. In der Kursliste der Eidgenössischen Steuerverwaltung kannst du diese einsehen.
Bei einem ausschüttenden ETF werden die ausgeschütteten Dividenden regelmässig an dich ausgezahlt und es ist deine Entscheidung, was du mit diesen machst. Die Steuer musst du nach der Ausschüttung direkt bezahlen.
Hier nochmal im Überblick:
| Thesaurierende ETF | Ausschüttende ETF | |
|---|---|---|
| Auszahlung der Dividenden | Werden reinvestiert | Werden an dich ausbezahlt |
| Steuern | Müssen trotzdem in der Steuererklärung deklariert werden | Dividenden werden direkt versteuert |
| Zinseszinseffekt | Automatisch und optimal | Nur wenn du manuell reinvestierst |
| Verwaltungsaufwand | Geringer | Höher (regelmässige Reinvestition nötig) |
Die vorherigen Beispiele zeigen bereits, warum ich nach über 10 Jahren ETF-Investitionen fast ausschliesslich auf thesaurierende Varianten setze. Der Schlüssel liegt in der Wiederanlage der Dividenden. Bei der thesaurierenden Variante arbeitet der Zinseszinseffekt eigenständig, was langfristig im Gewinn einen grossen Unterschied macht.
Wenn du auf die ausschüttende Variante setzt und die Ausschüttungen nicht wieder anlegst, fällt ein wesentlicher Teil der langfristigen Gesamtrendite weg. Historisch betrachtet wirkt sich dies beträchtlich auf dein Endvermögen aus: Aktienindizes erzielen inklusive Dividenden etwa 7 – 8 % jährliche Gesamtrendite; ohne reinvestierte Dividenden bleiben nur 5 – 6 % übrig.
Lass uns konkrete Zahlen anschauen, was 2% Renditeunterschied über 20 Jahre ausmachen:
| 5% Rendite | 7% Rendite | |
|---|---|---|
| Anfangskapital | CHF 100’000.- | CHF 100’000.- |
| Endkapital nach 20 Jahren | CHF 265’329.- | CHF 386’968.- |
| Unterschied | + CHF 121’639.- |
Es gibt mehrere Gründe, warum ausschüttende ETFs (und Dividenden-Strategien) die Rendite verringern:
Wer in ETFs investiert, muss unbedingt auch die Englischen Begriffe kennen. Der Thesaurierende ETF nennt sich «accumulating» (ACC). Der ausschüttende ETF heisst übersetzt «distributing»(DIST). Die englische Übersetzung hilft dir auch dabei die beiden ETFs voneinander zu unterscheiden, da sie meist so bezeichnet werden (ACC und DIST). Andernfalls kannst du dies im Factsheet nachlesen.
⚠️ Achtung: Wenn du Expat oder Grenzgänger bist, musst du dich zudem mit der Versteuerung in deinem Wohnort der thesaurierenden ETFs befassen. Da die Auszahlung der thesaurierenden Varianten nicht sichtbar ist, ist eine gute Dokumentation erforderlich.
Thesaurierende Fonds und ETFs funktionieren nicht in allen Ländern gleich. Die steuerliche Behandlung kann sich erheblich unterscheiden. Gerade zu Deutschland und Österreich gibt es einige Unterschiede.
Was die Höhe der Steuer angeht, fällt in Deutschland dieselbe Steuer auf thesaurierende und ausschüttende ETFs an. Allerdings wird bei ausschüttenden ETFs die Steuer sofort bei Auszahlung der Dividende fällig, bei thesaurierenden ETFs erst bei Verkauf – also zeitverzögert. Dadurch verstärkt sich der Zinseszinseffekt.
In Österreich ist es erstmal auch egal, welche ETF-Art du wählst. Die Steuerlast ist dieselbe. Allerdings kommt es je nach ETF-Anbieter zu Verzögerungen in der Meldung der Ausschüttungen, weswegen Ausschüttungen ggf. doppelt besteuert werden.
Dass thesaurierende ETFs für mich und für viele Anleger am lukrativsten sind, bedeutet aber nicht, dass dies eine allgemeine Regel ist. Je nach Lebenssituation kann sich ein ausschüttender ETF besser zu dir passen.
Die folgende Tabelle bietet diesbezüglich einen guten Überblick:
| Lebenssituation | Empfehlung | Grund | Schweizer Besonderheit |
|---|---|---|---|
| Unter 40, Vermögensaufbau | Thesaurierend | Compound-Effekt | Keine verzögerte Wiederanlage |
| Über 60, Einkommenswunsch | Ausschüttend | Cashflow | Steueroptimierung bei Pensionierung |
| ETF-Sparplan | Thesaurierend | Automatischer Zinseszins | Schweizer Broker-Unterschiede |
| Säule 3a | Egal | Nicht im Einkommen | Besondere Behandlung |
Und wir haben bei unserer Schwiizerfranke-Community nachgefragt:
67% der Befragten unserer 7’000 Newsletter-Abonnenten bevorzugen thesaurierende ETFs!
⚠️ Überraschung: 28% wussten nicht, dass ohne Wiederanlage nur 5-6% statt 7-8% Rendite möglich sind!
Meine ersten Jahre an der Börse: Gemischtes Portfolio
→ Kombination aus thesaurierenden und ausschüttenden ETFs
→ Problem: Dividenden lagen oft wochenlang unverzinst auf meinem Konto
→ Wiederanlage kostete jedes Mal Gebühren (bspw. CHF 5.- pro Order)
Heute: Wenn möglich, 100% thesaurierende Strategie
→ Portfolio-Performance verbesserte sich um durchschnittlich 0.6-1.0% pro Jahr
→ Grund: Vollständige Ausnutzung des Zinseszins-Effekts
→ Nebeneffekt: Deutlich weniger Aufwand, mehr Entspannung beim Investieren
Konkretes Beispiel aus meinem langjährigen Tracking:
→ Thesaurierende ETFs: Durchschnittlich 7.2% p.a. über die letzten Jahre
→ Vergleichbare ausschüttende ETFs (ohne perfekte Wiederanlage): ca. 5.8% p.a.
→ Das sind über 10+ Jahre mehrere Zehntausend Franken Unterschied!
Die Lektion: «Zinseszins funktioniert nur, wenn wirklich ALLES reinvestiert wird!»
Zwar bekommen thesaurierende ETFs unter Anlegern immer mehr Aufmerksamkeit, doch das heisst nicht, dass es alle ETFs in beiden Varianten gibt. Immer mehr Anbieter lancieren thesaurierende Versionen, da sie in der Schweiz sehr beliebt sind.
Mein Tipp ist es, deine Top-ETFs regelmässig zu prüfen. Vielleicht ist ja schon eine thesaurierende Version verfügbar. Hier findest du aktuelle Verfügbarkeiten!
Fallback-Strategie: Was tun, wenn nur ausschüttende ETFs verfügbar sind?
Als Erstes würde ich überlegen, ob wirklich weiter in diesen ETF investieren möchtest oder ob es vielleicht eine Alternative gibt. Wenn das für dich nicht infrage kommt, empfehle ich eine automatische Wiederanlage der Ausschüttungen. Das musst du bei den meisten Brokern manuell einstellen und erfordert dadurch mehr Zeit und Aufwand deinerseits. Wenn du dies zeitnah nach Ausschüttung machst, hast du kein Einbussen beim Zinseszinseffekt – zahlst aber möglicherweise mehr Tradinggebühren als bei einem thesaurierenden ETF.
Viele Anleger schauen mehr und mehr auf Nachhaltigkeit bei der Wahl ihrer Investments. Wenn nachhaltige ETF auch ein Thema für dich sind, weil du auf Umweltschutz achtest oder beispielsweise die Tabakindustrie bei deinen Investments ausschliessen möchtest, solltest du auf das ESG-Rating achten.
So gibt es zum Beispiel ETFs, die im Namen den Zusatz «ESG Screened» tragen und dir so zeigen, dass dieser ETF nach bestimmten ESG-Kriterien ihre Unternehmen gefiltert und möglicherweise ausgeschlossen hat.
Beispiele:
UBS ETF (CH) SPI ESG (CHF) A-acc mit der ISIN: CH0590186661
Amundi MSCI World ESG Leaders UCITS ETF Acc mit der ISIN IE00016PSX47
Generell ist meine persönliche Empfehlung auf thesaurierende ETFs zu setzen, da diese quasi «alleine arbeiten» und durch den Zinseszinseffekt langfristig mehr Gewinne einbringen. Je nach Lebenssituation und Investmentstrategie solltest du deine Entscheidung natürlich noch einmal anpassen.
Für dich spannende Beiträge:
Bei dem thesaurierenden ETF werden deine Erträge automatisch reinvestiert. Es sind also keine manuellen Käufe nötig, wodurch sich dein Investment auf Autopilot erhöht.
Bei der thesaurierenden Version werden deine Dividenden reinvestiert. Bei der ausschüttenden Version werden diese direkt auf dein Konto ausgezahlt.
Ja, auch nicht ausgeschüttete Erträge sind meldepflichtig. Das bedeutet, dass die im Fonds einbehaltenen Erträge als Einkommen gelten und daher ebenfalls versteuert werden müssen.
Ich empfehle Einsteigern thesaurierende ETF, weil diese mit weniger Aufwand verbunden sind und den Vorteil des automatischen Zinseszinses mitbringen.
Ja, das ist generell durch Verkauf und Neukauf möglich. In diesem Falle solltest du jedoch die Steuerregel der beiden ETFs beachten und auch auf die Kauf-/Verkaufsgebühren deines Brokers achten. Wenn du noch keinen Broker hast, oder eine günstigere Alternative suchst: Schau’ unbedingt in unserem Broker-Vergleich vorbei!
Eric ist Gründer von Schwiizerfranke.com und zertifizierter IAF-Vermögensberater. Seit 2019 hilft er Schweizerinnen und Schweizern, ihre Finanzen verständlich, unabhängig und effizient zu regeln.
📌 Hinweis: Dieser Artikel dient der Information und stellt keine individuelle Anlageberatung dar.